Bericht über das Stadtgespräch Baukultur
Schon wieder ein Traumtag - wie bestellt zum Stadtgespräch Baukultur! Und so präsentierte sich die wundervolle Altstadt, deren Details wir mit Architektin Sandra Krinner und Restaurator Erwin Wiegerling genauer in Augenschein nehmen durften, in schönstem Licht.
Zum Beginn an der Mühlfeldkirche erläuterte zunächst Karsten Bauer noch einmal die Idee der Stadtgespräche, von denen es nun schon 9 gab. Ingo Mehner begann seine Begrüßung mit einem Ausflug ins Lateinische, denn “Kultur” kommt von “cultura” (“Bebauung” oder “Pflege”). Und genau um dieses Thema - die Pflege der Baukultur - sollte es heute gehen. Dazu hatten sich zwei hochkarätige Experten gefunden. Sandra Krinner ist Architektin und ausgewiesene Kennerin der Tölzer Baugeschichte und damit natürlich Gabriel von Seidls, um den es in der Folge häufig gehen sollte. Erwin Wiegerling ist Restaurator und widmet sich seit Jahrzehnten dem Erhalt von Tölzer Kulturgut.
Zu Beginn stellte Sandra Krinner zunächst einiges an grundsätzlichen Überlegungen zur Baukultur vor und nahm dabei auch Bezug auf die Erklärung von Davos, die einen Appell darstellt, für eine Besinnung auf die jeweiligen regionalen Eigenheiten und für ein Wegkommen von einheitlichen und sterilen Baukörpern. In diesem Sinne warf die Gruppe von ca. 40 Personen dann einen Blick auf die Tölzer Besonderheiten und legte die erste “Etappe” zurück, unter dem Khanturm hindurch. Dieser wurde im Zuge der Verkehrsöffnung in den 60er Jahren komplett abgerissen und neu aufgebaut. Der nächste Stop wurde an der oberen Marktstraße eingelegt.
Auf Höhe des Winzererdenkmals wies Erwin Wiegerling zunächst auf das Haus an der Oberlandpassage hin und berichtete, dass er in den 70er Jahren dort zufällig vorbei kam, als das Haus saniert wurde. Dabei fielen ihm Fresken auf, die unter dem Putz an einigen Stellen herausschauten. Auf seine eigene ehrenamtliche Initiative hin konnten einige davon gerettet werden. Das Fresko - welches in seiner Größe (es nahm ursprünglich die gesamte Fassade ein) und Machart einzigartig ist in der Region, befindet sich - nach Umwegen - im Besitz von Herrn Wiegerling.
Weiter wurden einige Eigenheiten an den Häusern der oberen Marktstraße erläutert: So gehört die Sockelabsetzung des Erdgeschosses zum typischen Merkmal des Historismus. Auch die Farbgestaltung, die immer im Zusammenspiel mit der gesamten Häuserzeile gesehen werden muss, ist von großer Bedeutung. Wichtig waren auch weitere Details, wie z.B. die Stuckgestaltungen.
Seinen Abschluss fand das Gespräch am Ausgang der Säggasse am Eingang zum Taubenloch. Dort drehten sich die Gespräche darum, wie man diese Architektur auch außerhalb der Marktstraße in die Gegenwart übersetzen kann.
Insgesamt haben die Besucher mit Sicherheit einen besseren Blick auf Bad Tölz und seine Besonderheiten entwickelt. Und dieser Blick zurück ist auch wichtig für den Blick nach vorne: denn es bedarf eines Bewusstseins für die Wurzeln der Stadt, um deren Zukunft gemeinsam gestalten zu können. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Baukultur zu erhalten und für die Zukunft fortzuentwickeln. Baukultur lässt sich aber nicht nur verordnen. Viel wichtiger ist es, die Architekten und Bauherren der Stadt einzubinden und gemeinsam diese Baukultur zu definieren. Aus diesem Grund hatten Ingo Mehner und Christof Botzenhart die Erstellung eines Gestaltungsleitfadens beantragt, auf dessen Veröffentlichung und öffentliche Diskussion wir uns in diesem Jahr freuen.
Eine knappe Zusammenfassung der Gesprächsinhalte können Sie sich auch in unserem Video mit Sandra Kinner berichten lassen!